Darf meine Chefin mir verbieten, den geplanten Urlaub anzutreten?

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Sie stehen kurz vor den lang ersehnten und gebuchten Ferien und hören von Ihrer Chefin: «Du kannst jetzt nicht in den Urlaub fahren, wir haben zu viel zu tun!» Dürfen Sie trotzdem fahren? Was gilt rechtlich?

Das Obligationenrecht schreibt vor, dass der Arbeitgebende dem Arbeitnehmenden jedes Dienstjahr mindestens vier Wochen bezahlte Ferien gewähren muss, bei Angestellten unter 20 Jahren sind es 5 Ferienwochen. In den Arbeitsverträgen und Personalreglementen finden sich regelmässig noch bessere Lösungen, das heisst es werden je nach Alter oder Dienstjahr fünf bis sechs Ferienwochen gewährt.

Die Ferien dienen der Erholung und Arbeitnehmende erhalten grundsätzlich während den Ferien den gleichen Lohn, wie wenn sie arbeiten. Damit der Erholungszweck erreicht werden kann, bestimmt der Gesetzgeber, dass mindestens zwei Wochen der Ferien zusammenhängend bezogen werden müssen (Art. 929c Abs. 1 OR).

«Na also», werden Sie sich jetzt sagen, «ich habe ein Recht auf Ferien und sogar darauf, dass diese zusammenhängend bezogen werden. Meine Chefin kann mir dieses Recht nicht entziehen!»

Achtung: Obwohl das im Arbeitsalltag oft nicht so gelebt wird, und auch nicht unserem Verständnis von Ferienplanung entspricht, steht im Gesetz, dass der Arbeitgebende den Zeitpunkt der Ferien bestimmt, dabei zwar Rücksicht auf die Wünsche des Arbeitnehmenden nimmt, aber nur wenn das mit den Interessen des Betriebs vereinbar ist (Art. 329c Abs. 2 OR).

Diese Bestimmung ist zentral für die Frage, ob Ihre Chefin Ihnen verbieten darf, in die Ferien zu fahren. Wenn Sie nämlich Ihre Ferien ohne Rücksprache mit dem Arbeitgebenden, respektive Ihrer Chefin geplant und gebucht haben, müssen Sie damit rechnen, dass der Arbeitgebende mit dieser Planung nicht einverstanden ist und den Bezug zum geplanten Zeitpunkt verbietet. In diesem Fall bleiben Sie ohne entsprechende Reiseversicherung auf den bereits getätigten Buchungs- und Reisekosten sitzen, ganz zu schweigen von der Enttäuschung über die verpassten Ferien.

Als Arbeitnehmende haben Sie allerdings Anrecht darauf, dass die Ferien möglichst frühzeitig zugeteilt werden und soweit möglich in einer für Ferien geeigneten Zeit, das heisst wenn Sie schulpflichtige Kinder haben, während den Schulferien. Eine sinnvolle Zuteilung der Ferien erfordert eine Absprache zwischen dem Arbeitgebenden und den Arbeitnehmenden, meist werden dazu entsprechende Tools oder Listen zur Eingabe der gewünschten Ferien vom Arbeitgebenden zur Verfügung gestellt. Es ist daher ratsam, grosse Ferien die anstehen, bereits frühzeitig mit dem/der Vorgesetzen abzusprechen und das Einverständnis des Arbeitgebenden rechtzeitig einzuholen.

Einmal vereinbarte Ferien dürfen nämlich nicht grundlos wieder geändert werden. Nur aus dringendem und unvorhergesehenem betrieblichem Bedürfnis dürfen Arbeitgebende den geplanten und einst gutgeheissenen Ferienbezug verbieten oder gar Arbeitnehmende aus den Ferien zurückrufen. In diesem Fall müssen den Arbeitnehmenden bereits getätigte Buchungskosten, respektive Reisekosten ersetzt und die nicht bezogenen Ferientage wieder gutgeschrieben werden.

Was ist, wenn ich trotzdem in die Ferien fahre oder den Rückruf ignoriere?

Wenn Sie das klare Ferienverbot Ihrer Chefin beziehungsweise vom Arbeitgebenden oder einen Ferienrückruf ignorieren, riskieren Sie eine Kündigung. Selbst eine fristlose Kündigung könnte unter Umständen gerechtfertigt sein.

Sind allerdings keine betrieblichen Gründe gegeben, die dringend eine Anwesenheit von Ihnen erfordern und waren Ihre Ferien bereits bewilligt, wäre eine fristlose Kündigung ungerechtfertigt und eine ordentliche Kündigung eventuell missbräuchlich. Nichtsdestotrotz ist die Kündigung ausgesprochen und wird normalerweise nicht rückgängig gemacht.

Es ist daher Vorsicht geboten, wenn Sie sich dem Verbot Ihrer Chefin widersetzen möchten. Am besten suchen Sie das Gespräch mit ihr und/oder der Personalabteilung. Gemeinsam lassen sich tragbare Lösungen finden und Missverständnisse vermeiden.

P.S. Diese Aussagen beziehen sich auf privatrechtliche Anstellungsverhältnisse nach Obligationenrecht.

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