Ferien sind zum Erholen da – zumindest in der Theorie. Doch was, wenn die Chefin selbst aus der Freizeit Mails verschickt oder Arbeitnehmende während ihrer freien Tage erreichbar bleiben? Ein Blick auf die rechtlichen Grundlagen zeigt, warum Ferien mehr sind als nur bezahlte Freizeit.
Kürzlich während der Mittagspause im Fitnessstudio: Zwei Freundinnen unterhalten sich über ihre Chefin, die eigentlich in den Ferien ist. Eigentlich. Denn trotz Urlaub erhalten sie regelmässig E-Mails von ihr. «Stört mich nicht, solange sie nicht das Gleiche von uns verlangt!», meint die eine grosszügig. Die andere stimmt zu: «Definitiv! Wozu arbeiten wir denn überhaupt? Um Ferien zu haben und uns auszuruhen!»
Anspruch auf Ferien
Das Recht auf Ferien ist fester Bestandteil jedes Arbeitsverhältnisses. Bis zum vollendeten 20. Lebensjahr haben Arbeitnehmende Anspruch auf fünf Wochen Ferien – unabhängig davon, ob sie sich in einem Lehrverhältnis befinden oder nicht. Ab dem 21. Lebensjahr beträgt der gesetzliche Mindestanspruch 20 Tage pro Jahr. Die in der Praxis häufig anzutreffende fünfte Ferienwoche ab dem 50. Lebensjahr ist im Obligationenrecht nicht vorgesehen, wird jedoch in vielen Gesamtarbeitsverträgen gewährt.
Viele Menschen arbeiten Teilzeit. Auch sie haben Anspruch auf 20 bzw. 25 Ferientage. Bei einem 50-Prozent-Pensum und einer 40-Stunden-Woche werden an einem Ferientag allerdings nicht acht, sondern nur vier Stunden gutgeschrieben.
Komplizierter wird es bei Angestellten im Stundenlohn. Der Einfachheit halber werden ihre Ferien oft als Lohnzuschlag ausbezahlt. Das bedeutet, dass sie während der tatsächlichen Ferienzeit kein Einkommen haben. Das Bundesgericht hat jedoch klare Vorgaben zu dieser Praxis: Ferien dürfen nur bei sehr unregelmässiger Beschäftigung als Lohnzuschlag ausbezahlt werden. Bei einer 100-Prozent-Anstellung ist dies sogar verboten. Der Grund? Gemäss Bundesgericht soll Art. 329d OR sicherstellen, dass Arbeitnehmende während der Ferienzeit über das notwendige Einkommen verfügen, um sich sorgenfrei erholen zu können (BGE 148 III 202).
Zweck der Ferien: Erholung
Zurück also zur Erholung. Auch Angestellte im Monatslohn müssen sich während ihrer Ferien erholen können. Dieser Zweck wird nicht erreicht, wenn sie während ihrer Ferien verfügbar und erreichbar sein müssen. Das gilt übrigens auch für Kaderangestellte. Die einzige Ausnahme bilden betriebliche Notfälle, für das Tagesgeschäft müssen ferienabwesende Personen jedoch nicht zur Verfügung stehen.
Die freien Tage dürfen grundsätzlich nach eigenem Ermessen gestaltet werden. Die Treuepflicht gilt jedoch weiterhin, was besonders in weltanschaulich geprägten Unternehmen von Bedeutung sein kann. Zudem dürfen Arbeitnehmende während ihrer Ferien nicht für Konkurrenzunternehmen arbeiten, wenn dies die berechtigten Interessen ihrer Arbeitgeberin verletzt.
Und was, wenn Angestellte aus eigenem Antrieb ihre E-Mails checken, weiterleiten oder gar beantworten? Solange dies nicht von der Arbeitgeberin verlangt wird, steht es dem Ferienbezug nicht entgegen.
Die Chefin unserer Sportlerin kann also keine Ferien zurückfordern. Die Sportlerin selbst darf sich auf ungestörte Ferien und einen echten Tapetenwechsel freuen. Persönlich wünsche ich ihr zudem, dass sie neben der Aussicht auf die nächsten Ferien noch andere Motivationsgründe in ihrer Arbeit findet!