Wie stoppt man einen (langweiligen) Vielredner?

Gute Gespräche sind Balsam für die Seele und beflügeln. Leider sind sie eher selten. Manche Unterhaltungen sind schlichtweg langweilig: Entweder beansprucht der andere alle Gesprächseinheiten für sich, oder das Erzählte ist langatmig und öde. In einer Verhaltensstudie haben norwegische Wissenschaftler einen höflichen Weg gefunden, den Redefluss des anderen zu stoppen.

Immer wieder kommen wir in die Verlegenheit, uns in einem Gespräch zu langweilen – ob im Geschäftsmeeting, auf einer Party oder bei Familientreffen. Langeweile kommt dann auf, wenn entweder die Gesprächseinheiten ungleich verteilt sind ‒ sprich, wir müssen uns einen Monumentalmonolog anhören ‒ und/oder wenn das, was der andere erzählt, uninteressant und öde ist. Was kann man tun, wenn man sich in einer Zwangslage befindet, in der einerseits Höflichkeit gefragt ist und man sich andererseits vor einem langatmigen Redeschwall retten will?

Vielrednern wenig Raum lassen

Sie wissen, was passiert, wenn man damit beginnt, Tauben, Spatzen oder Katzen zu füttern? Sie kommen immer wieder. Auch wir Menschen reagieren mit Konditionierung, wenn uns das gegeben wird, was wir uns wünschen. Reagieren wir bei einem Viel- oder Alleinredner mit einem freundlichen Nicken oder sogar mit Nachfragen, fühlt er sich zum Weiterreden ermutigt. Inwieweit wir mit (nonverbalen) Ermunterungen zulassen, dass der andere den gesamten Raum mit seinem Monolog ausfüllt, haben norwegische Psychologen von der Oslo and Akershus University untersucht. Mehr noch, Carsta Simon und William Baum sind der Frage nachgegangen, was wir tun können, um die Dynamik des Gesprächs in unserem Sinne zu verändern.

Zustimmung ist der Schlüssel

Simon und Baum kamen bei ihren Untersuchungen immer wieder zum gleichen Punkt: Es ist unsere Zustimmung, die den Verlauf eines Gesprächs beeinflusst. Die einfachste Form der Zustimmung ist Kopfnicken – wie schnell ist das passiert! Vielleicht kennen Sie die Situation, dass Sie den Redefluss des andern durch einen leicht genervten Grummelton oder etwas Augenverdrehen stoppen wollten, aber ohne Erfolg blieben. Falls Ihre Körpersignale von einem leichten Kopfnicken begleitet waren, hat der andere sie wahrscheinlich nicht oder falsch verstanden. Zum einen sind die Negativsignale halbherzig (man will ja höflich bleiben), und zum anderen ermuntert das Nicken. Der Gesprächspartner wird höchstens etwas irritiert sein, sofern er oder sie über halbwegs gute emotionale Antennen verfügt. In einer solchen Situation hilft es auch nicht, woanders hinzuschauen oder mit den Füssen zu scharren. Die Konditionierung „Kopfnicken“ gleich „er/sie hört mir zu“ UND „ich soll weiterreden“ ist stärker als andere Reize.

Wegschauen hilft nicht!

Im norwegischen Experiment wurden verschiedene Settings analysiert, wie z.B.: • Gibt es Unterschiede in der Reaktion, wenn man klare verbale Zustimmung gibt im Vergleich zu nonverbalen Ermutigungen? • Was passiert, wenn man den anderen beim Zustimmen nicht anschaut?• Wie verändert sich der Gesprächsverlauf, wenn der Zuhörer still ist und auch keine Körpersignale gibt?Die Ergebnisse zeigen, dass es keinen Einfluss auf die Gesprächslänge hat, ob die Zustimmung verbal oder nonverbal gegeben wird. Dies gilt auch für fehlenden Blickkontakt. Interessanterweise reagierten die Sprecher etwas sensibler auf ihren Zuhörer, wenn dieser etwas sagte ‒ jedoch ohne jegliche Zustimmung zu geben, also auch kein Zusammenfassen oder Hinzufügen. Einzig Schweigen und fehlende Körpersprache brachten die Redner dazu, weniger zu sprechen.

Pokerface & Schweigen – eine höfliche Variante 

Die Gründe, wieso man den einen oder anderen Vielredner nicht ohne Weiteres zum Schweigen bringen möchte oder kann, sind vielfältig. Vielleicht möchte man gemocht werden, möchte respektvoll sein, oder der andere ist am längeren Hebel. Allein aus Höflichkeit ist es eher wahrscheinlich, dass man durch Kopfnicken den anderen gewähren lässt, auch wenn man sich nichts sehnlicher wünscht, als dass er endlich seinen Monolog abschliessen möge. Die norwegische Verhaltensstudie zeigt einen praktischen und höflichen Weg, wie man die Fahrtrichtung ändern oder sogar mit einem Stopp-Schild den Redefluss ausbremsen kann: nicht reagieren! Die Ergebnisse zeigen, dass Menschen weniger reden, wenn sie spüren, dass andere im Gespräch ungewöhnlich ruhig sind.

Von Fischen lernen

Lassen Sie sich nicht durch rhetorische Fragen oder aufgezwungene Zustimmung (nicht wahr?, gell?, oder?) ins Bockshorn jagen. Widerstehen Sie dem Drang, den anderen zu unterbrechen. Drehen Sie lieber den Spiess um, und überlegen Sie, wann Sie vielleicht eine Dauerrede gehalten haben. Was haben Sie damals gemacht, und wie hat der andere verbal und nonverbal reagiert? Diese Übung hilft Ihnen als Zuhörer, beim nächsten langweiligen Gespräch die Signale des anderen besser zu interpretieren und somit einen guten Moment zu erkennen, wann Sie durch Schweigen Ihre Zustimmung zum Weiterreden entziehen. Vielleicht hilft es Ihnen, sich vorzustellen, Sie seien ein Fisch. Dem sieht man auch keine Gemütsregung an.

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