Die eigenen Interessen durchzusetzen ist für viele kein einfaches Unterfangen. Erst recht nicht, wenn man es mit einem schwierigen Zeitgenossen zu tun hat. Wie schafft man es dennoch, andere zu überzeugen und dabei kein Porzellan zu zerschlagen? Es gibt einige Tricks und Kniffe, die das Verhandeln erleichtern.
Jemanden zu überzeugen hat viel mit verhandeln zu tun, denn es geht dabei auch um Kontrolle und Einflussnahme. Da die meisten Menschen ein Bedürfnis nach Autonomie haben, stösst man beim Beeinflussen schnell auf Widerstand – selbst dann, wenn man es gut meint. Der Grund ist, dass Menschen eine Abneigung gegen Manipulation haben. Bei vielen klingeln die Alarmglocken, sobald sie ihre Handlungsfähigkeit bzw. -macht schwinden sehen. Da wird dann sogar schnell mal kontraproduktiv gehandelt.
Es gibt jedoch Möglichkeiten, gekonnt zu überzeugen – oftmals reichen kleine Massnahmen. Das letzte Mal ging es um die gute Vorbereitung, dieses Mal berichte ich von Kniffen, die Sie im Gespräch berücksichtigen können.
Nutzen Sie Empathie als Verhandlungsgrundlage
Sicherlich kennen Sie das Zitat von Antoine de Saint-Exupéry: «Wenn du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.» Das Zitat zeigt, wie man Menschen für eine Sache überzeugen und begeistern kann – indem man positive Erwartungen und Gefühle weckt. Das geht nur, wenn man sich in andere einfühlen kann und so versteht, was sie bewegt und motiviert. Je besser Sie die Motive und Wünsche erkennen, desto überzeugender werden Sie sein. Seien Sie dabei ehrlich; andere merken schnell, wenn sie durch Vortäuschen falscher Tatsachen gelenkt werden sollen. Echte Empathie spürt man, denn durch sie liegt der Fokus der Einflussnahme nicht einzig auf dem eigenen Vorteil, sondern schliesst die Interessen der Gegenseite immer mit ein. Offen und unvoreingenommen den anderen verstehen zu wollen lässt die Abwehrschirme herunterfahren. Schon kleine Aussagen wie «Ich weiss, dass die Situation nicht einfach ist» ermöglichen positive Rückkopplungseffekte, die einen Austausch zulassen, statt diesen mit rein rationalen Argumenten im Keim zu ersticken.
Wählen Sie Ihre Worte mit Bedacht
Vermeiden Sie Reizwörter wie immer, ständig, nie. Bei vielen klingeln bei diesen Verallgemeinerungen sofort die Alarmglocken, weil sie Vorwürfe wittern. Abgesehen davon, dass man den anderen mit diesen Wörtern sehr wahrscheinlich verärgert, ist die Gefahr hoch, dass das Gespräch eine Wendung nimmt, die man nicht will. Statt über das Thema spricht man über den Vorwurf.
Seien Sie klar in Ihren Aussagen, und sprechen Sie so, dass der andere Sie auch versteht. Hören Sie aufmerksam zu, und geben Sie Rückmeldung über das, was gesagt wurde. Nutzen Sie Ich-Aussagen, und vermeiden Sie Du-Botschaften. Haben Sie keine Angst vor Pausen. Sie müssen weder unangenehm sein noch ein schlechtes Zeichen. Das Überdenken mancher Aussagen braucht Zeit.
Stellen Sie lieber gute Fragen, statt Argumente aneinanderzureihen. Offene Fragen verlangen vom anderen, zu denken und sich einzubringen. Stellen Sie mit Bedacht geschlossene Fragen: Statt zu einem «Sowohl-als-Auch» führen viele der geschlossenen Fragen zu einem Schwarz-Weiss-Denken, in dem es nur ein Ja oder ein Nein, also «Entweder-Oder» gibt. Leicht fühlt sich der andere in die Ecke gedrängt und reagiert mit Abwehr. Gleiches gilt für vergangenheitsbezogene Fragen nach dem Warum. Auch das provoziert eher eine defensive Haltung.
Die richtige Reihenfolge Ihrer Gründe
Dieser rhetorische Kniff basiert zum einen auf der Idee, dem anderen bei Entscheidungen die Kontrolle zu geben, zum anderen auf dem Wissen, dass man am ehesten auf das zuletzt Gesagte anspringt. Nennen Sie daher zu Anfang Ihr zweitbestes Argument. Es prägt sich mittelstark ein, weil es die Aufmerksamkeit Ihres Gegenübers einfängt. Nennen Sie dann Ihr schwächstes Argument. Oftmals ist Ihr Zuhörer noch beim ersten Gedanken, weshalb dieses Argument oftmals überhört und schnell vergessen wird. Schliessen Sie mit Ihrem besten Argument ab, denn das wird am stärksten wahrgenommen. Machen Sie sich darauf gefasst, dass dieses Argument der Hauptaufhänger für anschliessende Diskussionen ist – was für Sie kein Problem sein wird, da es ja Ihr bestes ist.
Erklären Sie die Wirkung, statt mit Argumenten zu begründen
In einem Experiment konnte Philip Fernbach von der Universität von Colorado nachweisen, dass man wirkungsvoller überzeugen kann, wenn man sein Gegenüber nicht mit Argumenten bombardiert, sondern erklärt, welche Wirkung das gewünschte Verhalten hat. Die Idee zu diesem Experiment basiert auf dem Gedanken, dass wir oftmals der Illusion erliegen, alles zu wissen oder alles verstanden zu haben. Wenn uns dann jemand in unserer Argumentation unterbricht, indem er nach dem Weshalb und Wieso fragt, kommen wir rasch ins Stolpern. Zudem kann man tief verwurzelten Überzeugungen leichter beikommen, wenn man neue Ideen zu einem Thema sät. Zum Beispiel: Statt die gesundheitlichen Gründe zu nennen, mit dem Rauchen aufzuhören, packt die Langzeitwirkung mehr, da sie uns emotional berührt. «Rauchen lässt die Haut schneller altern. Da helfen auch keine teuren Cremes. Schau dir Camilla Parker Bowles an!»
Achten Sie auf Angebote
Viele von uns stecken in Argumentationsmustern und überhören dabei sehr leicht Chancen für Kompromisse. Das gilt sogar für den Moment, wenn der andere ein Ultimatum stellt. Das ist meistens weniger in Stein gemeisselt, als es im ersten Moment wirkt. Denn wäre es das, wäre der andere schon längst zur Tat geschritten.
Leider beherrschen viele Menschen nicht die Kunst des Zuhörens ‒ weder genau noch überhaupt. Meistens ist die Aufmerksamkeit derart stark auf den Streitpunkt gelegt, dass viele Zugeständnisse nicht herausgehört werden. Angenommen, man möchte im nächsten Abteilungsmeeting ein Team-Event vorschlagen, bei dem man zuerst wandern geht und danach den Tag mit Grillen ausklingen lässt. Wenn dann ein Kollege – vielleicht der Dauernörgler – darüber klagt, dass er Wandern doof findet, liegt oft der Fokus auf dem Gemecker, nicht auf dem Zugeständnis, dass er grundsätzlich nichts gegen ein Team-Event hat und auch nichts gegen gemeinsames Grillen. Auf das Negative konzentriert man sich umso mehr, wenn das zuletzt Gesagte strittig ist.
Lassen Sie sich daher bei Gegenargumenten nicht dazu verführen, nur die strittigen Punkte wahrzunehmen. Hören Sie mehr zu, als Sie selbst sprechen. Lenken Sie Ihren Fokus auf die Zugeständnisse. Selbst Einwände und Bedenken bergen Potenzial zur Lösungsfindung. Geben Sie Ihrem Gesprächspartner Raum und Zeit für seine Gründe. Vielleicht steckt in einer seiner Ausführungen ein wichtiger Beitrag für eine Übereinkunft.
Überlassen Sie der anderen Person die Entscheidung
Möchte man jemanden überzeugen, dann nutzt man meistens viele Argumente. Oftmals ziehen diese am anderen wirkungslos vorbei, weil er sich gegängelt oder eingeschränkt fühlt. Schnell keimt der Gedanke auf, dass er beeinflusst oder gar kontrolliert werden soll. Indem Sie Ihrem Gegenüber eine Wahl einräumen – selbst eine hypothetische –, stärken Sie seine Motivation und Bereitschaft, etwas für Sie zu tun. Es geht darum, dem anderen die Entscheidungshoheit zu überlassen und ihm damit das Gefühl zu geben, die Kontrolle zu besitzen. Menschen reagieren bereitwilliger, wenn sie aus eigenem Ansporn heraus handeln. Achten Sie daher unbedingt darauf, keine unfairen Praktiken anzuwenden wie etwa, bei jemandem Schuldgefühle auszulösen oder ihn bei seiner Moral zu packen. Ein einfaches «Du musst das nicht tun» genügt und ist zudem erfolgversprechender.
Bitten Sie um eine Einigung auf Probezeit
Manchmal stockt es bei der Suche nach Lösungen. Befindet sich in Ihrem Lösungskorb aber eine Idee, die funktionieren könnte und die Sie gut finden, dann schlagen Sie doch vor, dass man sich auf Probe darauf einigen könnte. Sollte Ihr Gesprächspartner zögern, können Sie ihm vorschlagen, dass Sie es mal für zwei oder drei Wochen ausprobieren. Wenn Sie dann wieder zusammentreffen, haben Sie neue Idee und Erfahrungen mit der Einigung auf Probezeit gesammelt. Vielleicht funktioniert sie tatsächlich gut, vielleicht muss man hier und da etwas anpassen.