Jeder kennt sie: die Menschen, mit denen fast jede Begegnung zum Hürdenlauf wird. Nach dem Treffen fühlt man sich ausgelaugt und schlecht. Wenn es sich um Verwandte, Kollegen oder Kunden handelt, ist es kaum möglich, solche Begegnungen zu vermeiden. Was also tun? Genau darum geht es in diesem und im nächsten Blog. Im ersten Teil stellen wir typische Plagegeister vor. Denn wenn wir wissen, mit wem wir es zu tun haben, können wir Gegenstrategien entwickeln. Im zweiten Teil geht es um konkrete Massnahmen, mit denen man souverän und adäquat handeln kann.
Gleich vorweg: Schwierige Personen darauf hinzuweisen, dass man sie als anstrengend erlebt, oder sie gar um eine Veränderung zu bitten ist zu 100 Prozent vergebene Liebesmüh! Warum? Mit grosser Sicherheit wird der Person überhaupt nicht bewusst sein, dass sie schwierig ist. Besser ist es daher, Strategien zu entwickeln, wie Sie mit diesen Menschen umgehen. Das schont Ihre Nerven und bewahrt Ihre geistige Gesundheit, da es schwierigen Menschen ansonsten immer wieder gelingt, negative Gefühle in Ihnen auszulösen. Es ist hilfreich zu klären, mit welchem Typus von Plagegeist man zu tun hat. Sicher, die Charakterzüge unserer unangenehmen Zeitgenossen treten selten in Reinform auf. Meist treffen wir auf «Mischwesen». Dennoch − wenn wir das Grundmuster des Quälgeists erkannt haben, können wir beginnen, Strategien für den künftigen Umgang zu entwickeln. So haben wir die Möglichkeit, souverän emotionale Distanz zu bewahren, damit wir uns nicht persönlich angegriffen, verletzt, übervorteilt oder ausgenutzt fühlen.
Typische Quälgeister
Der Neurotiker
Neurotiker sehen das Leben als Kette von Problemen und als hürdenreiche Berg- und Talfahrt. Meist sind sie ängstliche und pessimistische Menschen, die ein Haar in jeder Suppe finden. Sie beziehen die geringste Kritik direkt auf sich, weil sie ständig befürchten, etwas falsch zu machen. Ferner gehören sie zur Gruppe der Neinsager, die an jedem Vorschlag, jeder Idee, jedem Argument etwas zum Nörgeln finden. Sie glauben, dass sie es nur gut meinen, wenn sie auf mögliche Schwierigkeiten hinweisen, merken aber nicht, wie anstrengend ihre Unkenrufe und das Dauergejammer sind. Ihr Lieblingssatz fängt zwar mit «Ja» an, doch danach folgt sofort ein «Aber». In ihrem Wunsch, die Hürden bestmöglich, gar perfekt zu meistern, begeben sie sich schnurstracks in das nächste Jammertal. Sie leben quasi ständig ihre sich selbst erfüllenden Prophezeiungen.
In Gesprächen, vor allem in Konfliktgesprächen, ist es wichtig, Neurotikern klarzumachen, dass es um die Sache geht und nicht um sie. Achten Sie darauf, eine klare, sachliche Position zu vertreten. Freundlich gemeinte Konjunktiv-Floskeln wie «So könnte es vielleicht sein …» bringen den unsicheren Neurotiker ins Schwanken. Ganz wichtig: Setzen Sie klare Grenzen, insbesondere dann, wenn Neurotiker versuchen, mit einem «Ja, aber …» zum x-ten Mal von vorne mit dem Genörgel oder Gejammer anzufangen.
Die Mimose
Mimosen sind sehr unsichere Menschen und abhängig von der Zuneigung anderer. Sie halten sich für schwach und idealisieren stärkere Personen. Gleichzeitig fühlen sie sich ständig benachteiligt, glauben, in der zweiten Reihe zu stehen, und neigen zu Stimmungsschwankungen – oft ohne Vorwarnung! Ähnlich wie die Neurotiker rechnen auch sie ständig mit dem Schlimmsten: Kritik, Liebesentzug, Kränkungen. Daher muss man bei Mimosen sehr achtsam kommunizieren, verbal wie nonverbal. Je nach Stimmung wittert die Mimose hinter jedem Blick, jedem gesprochenen oder unausgesprochenen Wort einen Beweis für Ablehnung. Ihr Gefühlsleben gleicht einer Achterbahn und kann mit «himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt» beschrieben werden.
Die oft plötzlich auftretenden Stimmungsschwankungen gehören bei Mimosen zum typischen Bewältigungsmechanismus bei Misserfolgen. Gerne gibt sich die Mimose dabei als Opfer, um Mitgefühl und Aufmerksamkeit zu bekommen. Widerstehen Sie dem möglichen Drang, sich durch dieses unberechenbare Verhalten einschüchtern zu lassen, indem Sie zum Beispiel Zugeständnisse machen, weil Sie trösten wollen. Das Zusammensein mit Mimosen ist sehr nervenaufreibend, da man ständig befürchten muss, etwas falsch zu machen. Um nicht anzuecken, verhält man sich irgendwann nicht mehr authentisch – eher wie ein Schauspieler in einem Dauerdrama. Sich ständig zu kontrollieren und nicht man selbst sein zu können laugt aus. Das ist leider den wenigsten Mimosen klar, aber für Ihren Seelenfrieden ist es dennoch besser, wenn Sie auf Ihre Körpersprache und Wortwahl achten. Ironie oder spassige Sprüche können sehr leicht missverstanden werden. Daher kommunizieren Sie klar, und bieten Sie keinen Interpretationsspielraum. Fragen Sie immer wieder mal nach, wie es geht, damit die Mimose Sie als wohlgesinnt wahrnimmt. Da Mimosen hoch sensibel sind, sollte man grossen Wert auf Höflichkeit legen – bloss nicht den Geburtstag vergessen!
Die Drama-Queen
Ein theatralischer Mensch wird unabhängig von seinem Geschlecht auch als «Drama-Queen» bezeichnet. Diese Personen nehmen sich sehr wichtig. Sie streben nach Aufmerksamkeit und tun in grosser Regelmässigkeit alles dafür, um diese zu bekommen. Drama-Queens gehören zu den passiv-aggressiven Menschen, die aufgrund von ungelösten Konflikten viel innere Wut aufgestaut haben. Beim Dampfablassen gehen sie eher subtil vor und zwingen oftmals ihrem Gegenüber lästige Pflichtgefühle auf. Ein «Nein, ich brauche keine Hilfe» bedeutet das genaue Gegenteil. Wehe dem, der da nicht wie gewünscht reagiert! Dann ist die Drama-Queen ähnlich beleidigt wie die Mimose. Auch sie neigt dazu, sich als Opfer darzustellen, um Mitleid einzufordern.
So schwer es fallen mag, machen Sie das Theater nicht mit! Es ist wahrscheinlich, dass den Drama-Queens in der Vergangenheit tatsächlich etwas Schlechtes zugestossen ist. Nur haben sie das Erlebte nicht verarbeitet und nutzen nun diese negative Erfahrung als Ausrede, wenn sie in anderen Bereichen scheitern. Lassen Sie daher keine Ausreden zu, die Sie zu faulen Kompromisse verführen. Eine Drama-Queen verhält sich nicht mit Absicht passiv-aggressiv. Ihr ist ihr feindseliges Verhalten nicht bewusst. Ebenso wenig weiss sie, wie sie ihre Wünsche und Bedürfnisse auf bessere Art und Weise ausdrücken könnte. Für diese Personen ist es eine grosse Hilfe, wenn Sie sie dabei unterstützen, ihre Wünsche und Bedürfnisse anzusprechen und selbstbewusst um etwas zu bitten. Da sich Drama-Queens nach Aufmerksamkeit sehnen, reicht es oft, wenn man ihnen einfach nur zuhört. Erkennen Sie ihre Gefühle an, aber setzen Sie der Drama-Queen auch Grenzen, damit Sie nicht zum ständigen Mülleimer weiterer Psycho-Dramen werden.
Der Egoist
Egoisten befinden sich in einem ständigen Wettbewerb. Sie wollen immer gewinnen und benutzen jede Art von Beziehung, Konversation oder Aktivität als Aktionsfeld für ihre Wettbewerbsspielchen, um sich als die Besseren zu beweisen. Egoisten erkennt man zudem daran, dass sie gerne kommandieren und den Boss spielen. Sie können nicht gut zuhören, und das Wort Kompromiss kennen sie nur aus dem Duden. Egoisten setzen oftmals sehr erfolgreich ihren Willen durch, da sie wie Dampfwalzen Gegenargumente oder andere Ideen plattmachen. Ihr Selbstbewusstsein kann einschüchternd wirken. Dieser Typ Quälgeist argumentiert gerne schwarz-weiss und manipuliert, bis der Gesprächspartner einknickt.
In Zusammentreffen mit Egoisten ist es wichtig, keine Angriffsfläche zu bieten. Also kontrollieren Sie sich gut, zeigen Sie keine Schwächen, und befeuern Sie die Angriffslust des Egoisten nicht mit Gegenargumenten – egal, wie vernünftig oder richtig diese sind. Der Egoist braucht wie Drama-Queens viel Aufmerksamkeit – im Grunde ist er also eher einsam. Auch wenn es Ihnen widerstrebt: Bieten Sie ihm die Bühne, hören Sie aufmerksam zu, und falls der Egoist etwas Sinnvolles sagt, dann geben Sie eine positive Rückmeldung. Ein Lob oder Kompliment öffnet den Egoisten und macht ihn möglicherweise zugänglicher für Gegenargumente. Bleiben Sie dabei freundlich, und halten Sie Augenkontakt, ohne zu fixieren. Lassen Sie nicht zu, dass der Egoist Sie dominiert. Falls kein Durchkommen ist, dann bitten Sie, das Gespräch zu vertagen.
Der Choleriker
Ohne Vorwarnung zu explodieren ist typisch für Choleriker. Sie gehören zur Gattung der Rechthaber und wirken oft genervt oder schlecht gelaunt. Choleriker sind sehr impulsiv und damit leicht erregbar. Viele schaffen es kaum bis gar nicht, ihre negativen Gefühle zu kontrollieren. Eines hat der Choleriker mit der Mimose gemeinsam: Beide sind unsichere Menschen, die sich nach Zuneigung und Anerkennung sehnen. Auch bei dieser Gattung des Quälgeists kann die kleinste Kritik das zerbrechliche Ego zum Einsturz bringen. Choleriker reagieren dann mit Trotz und schlagen verbal mit Beleidigungen um sich.
Bei sich selbst zu bleiben und adäquat sowie besonnen zu reagieren ist sicherlich eine Königsdisziplin, wenn ein Choleriker erst einmal in Fahrt gekommen ist. Da hilft nur, den Tornado an sich vorbeiziehen zu lassen und nichts in die Glut zu werfen, was zur nächsten Explosion führen könnte. Der Choleriker ist taub vor Wut. Achten Sie beim Donnerwetter lieber auf eine gute Psychohygiene für sich selbst. Nehmen Sie bloss nichts persönlich! Seien auch Sie taub! Weichen Sie lieber innerlich zurück. Lohnt es sich im Moment, das «Gespräch» weiterzuführen, egal wie gut und richtig Ihre Argumente sind? Sobald der Choleriker abgekühlt ist, kann man einen neuen Gesprächsversuch starten, aber achten Sie auf mögliche Tretminen. Für eine gute Psychohygiene ist es auch wichtig, dem Choleriker Grenzen zu setzen: Falls er Sie verbal angegriffen hat, sollte er das in seiner «Ruhephase» erfahren. Erwarten Sie aber keine Entschuldigung, als Rechthaber und Besserwisser ist das für einen Choleriker nahezu unmöglich. Jedoch soll er wissen, dass er keinen Freifahrtschein hat, ähnliche Beleidigungen zu wiederholen.