Kürzlich war ich zur Stosszeit im Zug nach Luzern unterwegs. Es herrschte Stille; in meinem Abteil wurde mit morgendlichem Elan auf die Tastaturen eingehämmert. Neben mir brütete ein Geschäftsmann, Mitte fünfzig, über seiner Agenda, zückte schliesslich sein Telefon und wählte die Nummer seines Sekretariats.
«Hallo Fabienne, hier ist Urs Gubser. Mein Zug hat Verspätung, kannst du bitte meinen Termin mit dem Verkaufsdirektor der Meier AG verschieben? Hier seine Nummer: 079 987 65 43. Danke!»
So schnell werden persönliche Daten in der Öffentlichkeit geteilt. Innerhalb weniger Sekunden kennen zwanzig Personen die Telefonnummer des Verkaufsdirektors der Meier AG – und wissen, dass die Meier AG einen Termin mit der Firma von Urs Gubser hat. Und jetzt stellen Sie sich vor, die Konkurrenz der Meier AG sitzt im selben Abteil! Eine völlig banale Szene, wie sie sich jeden Tag im Zug abspielt. Weniger banal sind die juristischen Fragen, die sie aufwirft.
Treuepflicht
Der Arbeitnehmer hat eine Treuepflicht (Art. 321a OR). Dazu gehört, dass er geheim zu haltende Tatsachen Dritten nicht mitteilen darf. Er hat die Interessen der Firma zu wahren. Vielleicht ist die Tatsache, dass Herr Gubser sich mit der Meier AG trifft, völlig unwichtig – vielleicht aber auch nicht. Deshalb sollte an öffentlichen Orten unbedingt darauf verzichtet werden, Namen und persönliche Daten zu nennen. Dank Social Media ist es relativ einfach, von einem Namen auf die Firma und die Funktion zurückzuschliessen. Kleber auf dem Laptop, Badge am Hosengürtel oder Aufdruck auf dem Hemd haben den gleichen Effekt: Man ist selten so anonym, wie man glaubt.
Besonders aufzupassen ist auch, wenn vertrauliche Informationen getippt werden. Der Sitznachbar darf nicht mitlesen können. Hier können spezielle Bildschirmschutzfolien Abhilfe schaffen, andernfalls muss das vertrauliche Protokoll bis ins Büro warten. Treuepflichtverletzungen können zu disziplinarischen Massnahmen wie Verwarnung und – im schlimmsten Fall – Kündigung führen.
Datenschutz
Sie haben es wahrscheinlich schon geahnt: Auch Datenschutz spielt hier eine Rolle. Telefonnummern gehören zu den persönlichen Daten – auch wenn der Verkaufsdirektor nicht namentlich genannt wird, ist der Inhaber der Telefonnummer dank dem öffentlichen Organigramm der Meier AG bestimmbar. Und wenn sich eine Angabe auf eine bestimmbare Person bezieht, gehört sie zu den Personendaten (Art. 5 lit. a DSG). Nicht problematisch ist unter dem Blickwinkel des Datenschutzes hingegen, dass die Meier AG überhaupt genannt wird. Das Datenschutzgesetz schützt ausschliesslich Angaben zu natürlichen Personen, nicht zu juristischen.
Telearbeit
Und last but not least: Darf überhaupt im Zug gearbeitet werden? Grundsätzlich ist die Arbeit am vertraglichen Arbeitsort zu entrichten. Telearbeit gehört aber zum neuen Alltag. Die Modalitäten werden idealerweise in einem Reglement und einer Vereinbarung festgehalten. Zu regeln sind auch die möglichen Orte der Fernarbeit. Es ist durchaus möglich, dass der Arbeitgeber zulässt, dass nicht nur von zu Hause aus, sondern auch an anderen Orten gearbeitet wird.
In der Praxis ist es in den meisten Firmen so, dass Telearbeit möglich, aber nicht zwingend ist. Der Arbeitgeber ergreift dann organisatorische und technische Massnahmen, um die Datensicherheit im Büro zu gewährleisten. Bei mobilen Arbeitsplätzen sind hingegen die Mitarbeitenden besonders gefordert. Auch ohne explizite Instruktionen des Arbeitgebers müssen sie auf ihre Pflichten achten. Das bedeutet mitunter, sich nicht in öffentliche WLANs einzuwählen.
